Amália Garcia 2002

Amália Garcia 2002

November 3, 2016 Aus Von Jörg Uwer

Amalia Garcia Francisco Nunes Garcia 2012

Weingut: Francisco Nunes Garcia
Rebsorten: Trincadeira, Bouschet
Region: Moura, Alentejo
Land: Portugal

Heute ist der 31. Oktober und damit, wie ich gerade erfahren habe, der „Weltspartag“. Sparen für den Ruhestand ist selbstverständlich eine wichtige und sinnvolle Sache und im Kontext des Wein-Blogs soll ein zwar nachgelagertes, aber dennoch nicht ganz unerhebliches Ziel dieser Bemühungen, nämlich später einen gut gefüllten Weinkeller zur genießerischen Untermalung geruhsamer Abende sein eigen nennen zu können, nicht unerwähnt bleiben. Aber eines möchte ich hier mal ganz deutlich klarstellen: Gerade wenn es um Wein geht, bin ich ganz sicher kein „Sparbrötchen“…und meiner deutlich besseren Hälfte sehr dankbar, dass sie mir ob der dadurch statt in den Sparstrumpf in den Weinschlumpf wandernden liquiden Mittel nicht gram ist…

Aber die in einem ansonsten wunderbaren Restaurant mit angeschlossener Weinbar in der Lissaboner Altstadt Alfama, welches wir zu Beginn unseres jüngsten Portugal-Urlaubs besucht haben, aufgerufenen Preise für hochkarätige Gewächse aus dem Douro-Tal ließen doch auch in mir die ökonomische Vernunft obsiegen. Auf meinen Hinweis an den Sommelier, dass der mich grundsätzlich sehr reizende „Quinta do Vale Meao“ doch ein „hefty price tag“ hätte, fragte mich dieser, ob ich seiner Empfehlung eines Weins, der preislich bei etwa 40% des vorgenannten lag, folgen würde. Klar doch, gesagt, getan und dies sollte ungeahnt zu einem großartigen, unvergesslichen Weinerlebnis führen…!

Der ebenso sympathische wie kompetente Herr servierte eine Flasche „Amália Garcia“ von Francisco Nunes Garcia, dessen mir bis dato gänzlich unbekanntes Weingut im Alentejo auch seinen Namen trägt. Dieser Wein ist wohl seiner Mutter gewidmet, ein anderer namens „Antonio Maria“ wohl seinem verstorbenen Bruder. „Wohl“ deshalb, weil der Sommelier es auch nur vom Hörensagen wusste und über das Weingut auch kaum etwas in Erfahrung zu bringen ist.

Der als „Vinho de Mesa“, also „Hauswein“ (!) deklarierte Tropfen stammt aus dem Jahr 2002, wobei dies durch die bewusste Herabsetzung – eine solche hat ja insbesondere durch den legendären „Super-Toskaner“ „Sassicaia“, dessen erste Jahrgänge als „Tafelwein“ verkauft wurden, eine gewisse Prominenz erlangt – nicht auf dem Label zu lesen ist. Auch dies wusste unser Sommelier lediglich aus den Gesprächen mit seinem Lieferanten. Der Wein wird aus den in der Alentejo-Region verbreiteten Rebsorten Trincadeira und Alicante Bouschet gekeltert und – leider, leider! – nur „alle Jubeljahre“ in kleiner Menge produziert. Von diesem Exemplar aus 2002 gab es ganze 4.500 Flaschen, unsere mit der Nummer 799 war auch die letzte im „Alfama Cellar“ erhältliche, der Jahrgang dürfte auch anderweitig völlig vergriffen sein. Umso dankbarer bin ich für diese Gelegenheit, denn was hier urplötzlich zum Vorschein kam, war nicht weniger als spektakulär:

Dem Auge bot sich ein schönes Kirschrot, mit leicht wässrigem Rand, aber völlig intakt. Die beeindruckende Nase zeigte ein enorm vielschichtiges Potpourri aus Nadelhölzern, Kräuternoten, dazu Sauerkirschen und Johannisbeeren sowie etwas Karamell und Lakritz. Das Bouquet erinnerte fast schon irritierend deutlich an einen großen Cabernet Sauvignon aus dem Napa Valley, obgleich hier ja weder die Rebsorten noch Land und Region auf eine solche Ähnlichkeit schließen lassen.

Der Gaumen setzte die „Verwechslungsgefahr“ mit einem Premium-Cab aus Napa Valley fort: präsente, aber sehr schön eingebundene Tannine, balsamische Noten, wunderbare rote und blaue Beerenfrüchte, mit zunehmender Belüftung kamen dann auch noch Rosinenaromen bis hin zu Amarone-Tönen (nach ca. 1½ Stunden) hinzu. Trotz des hohen Alkoholgrads (nominal 15%, tatsächlich könnten es wohl auch eher 18% gewesen sein, wie uns der Sommelier in konspirativem Ton mitteilte…) zeigte der Amália Garcia keine Schwere, sondern Eleganz und Balance sowie ein enorm langes Finale… dieser grandiose „dead ringer“ (Doppelgänger) eines Napa-Spitzen-Weins mit doch ganz anderer Verortung und hoher Eigenständigkeit hatte meiner bescheidenen Ansicht nach definitiv alles, was einen großen Wein ausmacht.

Er hätte sicher noch ein langes Leben vor sich, wenn es denn nicht die letzte Flasche gewesen wäre…“Toll!“, werden jetzt sicher einige Leser zurecht sagen, „…was soll das Ganze, wenn man ihn doch nicht mehr kaufen kann?“. Ich bedauere in dem Fall aufrichtig, hiermit ggf. falsche Hoffnungen geweckt zu haben. Ich empfand diesen Wein aber dennoch als zu eindrucksvoll, um diese Eindrücke nicht zu dokumentieren und unseren Lesern vorzuenthalten. Eine gute Nachricht gibt es dann auch zum Schluss, denn ich kann zwei „Trostpflaster“ wärmstens empfehlen: Im Verlauf unserer Reise haben wir auch den „Antonio Maria“ aus der gleichen Preisklasse und den deutlich günstigeren „Convento da Tomina“ (in der Preisklasse zwischen 10 und 12 Euro ein „Must buy“!) probiert, beide ebenfalls absolut bemerkenswert! Und vielleicht erzeugt Francisco Nunes Garcia demnächst ja mal wieder einen Amália Garcia…dann sollten Sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, ich werde es jedenfalls tun, denn dieses Himmelfahrtskommando und ein solcher Höllentrip werden es wert sein!

Geschmack: 5 von 5 Punkten, Preis/Leistung: 5 von 5 Punkten

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