Redaktionstasting Languedoc-Roussillon

Redaktionstasting Languedoc-Roussillon

August 14, 2017 Aus Von Nico Meisner

Beste Weine Languedoc-Roussillon

Inhaltsverzeichnis

▸ EINLEITUNG
▸ INTRO: 2015 Hochheimer Domdechaney Riesling
▸ 1. FLIGHT: Carignans
▸▸ Domaine Anne Gros: Minervois La Ciaude 2011
▸▸ Château Puech-Haut Reboussier 2011
▸ 2. FLIGHT: Weltklasse-Syrahs
▸▸ La Pèira 2009
▸▸ Clos des Truffiers 2009
▸ 3. FLIGHT: Große Mourvèdres
▸▸ Château de la Negly L’Ancely 2011
▸▸ Domaine La Pèira En Damaisèla Matissat 2010

Einleitung

Für diese Redaktionssitzung haben wir uns die Weinbauregion Languedoc-Roussillon als Thema ausgesucht und dies aus gutem Grund. Das vielleicht älteste, auf jeden Fall aber größte Anbaugebiet Frankreichs hat eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich:

Bis vor ca. 15-20 Jahren wurden hier Unmengen billiger Massenweine produziert. Doch die Zeiten haben sich geändert und das gewaltig. Nachdem das enorme Potenzial der sonnenverwöhnten Hänge mit ihren Böden und ihrem Klima endlich erkannt wurde, haben die Einführung moderner Verfahren (insbesondere die „Macération carbonique“) und eine auf hohe Qualität bedachte Weinbergs- und Kellerarbeit unter Wahrung guter Traditionen und Rebsorten den „Turnaround“ bewirkt. Und nicht nur das: Erzeuger wie die auch in unserem Tasting vertretenen Château de la Négly und Château Puech-Haut oder Domaine Leon Barral im Languedoc sowie Michel Chapoutiers Domaine de la Bila-Haut, Domaine Gauby oder Domaine du Clos des Fées im Roussillon produzieren denkwürdige Midi-Weine, nicht wenige davon haben Weltklasse-Niveau. Die Region mit den Hügeln des Languedoc, mit Corbières und dem Minervois, aber auch dem Roussillon ist zu neuem Leben erwacht. Grund genug für das Wein-Blog-Redaktionsteam, sich intensiv mit dieser zu beschäftigen! Im Glas: einige der besten Weine aus der Region Languedoc-Roussillon.

Intro: 2015 Hochheimer Domdechaney Riesling trocken

2015 Hochheimer Domdechaney Riesling trocken Zum Auftakt versuchte Anne Gerhards, in unserem Wein-Blog primär für die Rubrik „Weißweine“ zuständig, ihren dem Rotwein verfallenen Redaktionskollegen mit einem außergewöhnlichen Weißen zu zeigen, wie viel „Rotweincharakter“ auch in einem Weißwein stecken kann.

Dazu entführte sie uns vinophil in das bekannte Kloster Eberbach im Rheingau, zugleich mystisches Erbe der Zisterzienser-Mönche und eines der eindrucksvollsten Denkmäler mittelalterlicher Klosterbaukunst. Das Weingut des Klosters Eberbach bzw. die hessischen Staatsweingüter sind mit über 200 Hektar Rebanlagen übrigens das größte Weingut Deutschlands und sowohl die historischen Gebäude wie auch die Vinothek sind in jedem Fall einen Besuch wert.

Der Weinberg des „Hochheimer Domdechaney Riesling trocken VDP Großes Gewächs® 2015“ des Kloster Eberbach genießt seit dem 17. Jahrhundert einen ausgezeichneten Ruf. Das ist auch seinen Löß-, Lehm- und Tonmergelböden geschuldet, welche das Wasser ganz hervorragend speichern und die Reben so konstant mit Wasser versorgen und zugleich das richtige Mineralstoffreservoir bilden. Die Qualitätsbezeichnung „Großes Gewächs“ enttäuschte uns bereits bei der letzten Redaktionssitzung nicht und so waren wir gespannt.

Kurz dekantiert kam er in einem wunderschönen Goldgelb ins Glas. Feinperlig zog er am Glas herunter. In der Nase fanden sich reife Früchte und eine unschlagbare Frische.

Im Mund überzeugt er durch eine satte, ölige Struktur, die mit angenehmer Säure abgerundet ist. Auch hier begegnen uns reife Früchte, Apfel, etwas Birne und mit der Zeit entwickelten sich noch zarte Aromen von Quitte. Das ganze wurde untermalt mit einer sehr dezenten, kaum merkbaren Süße. Ein toll abgerundeter Wein!

Dieser Wein brauchte sich vor seinen folgenden Konkurrenten, allesamt Rotweine, nicht zu verstecken. Er ist durchaus nachhaltig und kann auch neben stärker gewürzten Gerichten oder rotem Fleisch sehr gut bestehen.

Dieser Wein war ein feiner, frischer Einstieg, wir waren allerdings einhellig der Meinung, dass er noch nicht unbedingt an seinem Höhepunkt angelangt ist und durchaus noch ein paar Jahre Reifung in der Flasche vertragen kann.

1. Flight: Carignans aus dem Jahrgang 2011

Die vermutlich sehr alte Reborte stammt nicht aus Frankreich sondern wahrscheinlich aus Aragonien in Spanien und wird dort meist „Mazuelo“ genannt. Von hier aus verbreitete sie sich ab dem 12. Jahrhundert in ganz Europa. Der Name Mazuelo ist von der Gemeinde Mazuelo de Muñó in der Provinz Burgos in der westlich angrenzenden Region Kastilien-León abgeleitet. Das Synonym „Cariñena“ bezieht sich wahrscheinlich auf den gleichnamigen Ort in der Nähe von Zaragoza in Aragonien. Der Name Cariñena war früher in Katalonien sehr gebräuchlich, da es aber einen gleichnamigen DO-Bereich gibt, wird die Sorte hier nun als Samsó bezeichnet. Aus Cariñena ist in Frankreich „Carignan (Noir)“ und in Italien „Carignano“ geworden.

Die spät reifende, ertragreiche Rebe erbringt in der Regel tiefdunkle, säure- und tanninreiche Weine, die – zumindest war dies vor der Neuausrichtung auf strikte Ertragsbeschränkung und sorgfältige Weinbergarbeit im Großteil des Languedoc-Roussillon der Fall – keine besondere Aromenvielfalt und wenig Profil aufwiesen und daher zumeist mit anderen Sorten wie Cinsaut und Grenache Noir zu einfachen Rosé- und Rotweinen verschnitten wurden. Durch die rigorose Ertragsbeschränkung werden jedoch heute insbesondere aus alten Rebbeständen charaktervolle, tiefgründige und selbst bei relativ hohen Alkoholgehalten elegante Weine erzeugt.

Domaine Anne Gros: Minervois La Ciaude 2011

Domaine Anne Gros Jean Paul Tollot Minervois La Ciaude Die Überschrift zu diesem Wein ist nicht ganz richtig. Sie müsste eigentlich „Domaine Anne Gros & Jean-Paul Tollot Minervois La Ciaude 2011“ heißen. Und dahinter verbirgt sich gleich eine interessante Geschichte. Anne Gros und Jean-Paul Tollot sind verheiratet, aber genaugenommen auch Konkurrenten. Beide haben eigene Weingüter im Burgund (in Chorey-lès-Beaune und Vosne-Romanée). Der „Clos de Vougeot Grand Cru“ von Anne Gros ist z.B. ein hoch begehrter Schatzkammerwein des Burgunds und auch der „Corton Grand Cru“ der Domaine Tollot-Beaut spielt in der obersten Liga mit.

Der Jungfern-Jahrgang ihres gemeinsamen Weingutes kam erst 2008 auf dem Markt und sorgte gleich für Furore. Die Rekultivierung von 14 ha teilweise uralten Rebstöcken hatte sich also voll gelohnt.

Der Wein kommt in dunklem Rubinrot ins Glas und liefert an Nase und Gaumen satte, rote und schwarze Früchte gepaart mit würzigen und mineralischen Aromen. Über die Trinkdauer zeigte er sich konstant ausbalanciert, sehr klar und rein.

Château Puech-Haut Reboussier 2011

Château Puech Haut Reboussier 2011Die Geschichte des Weinguts Château Puech-Haut ist wieder mal die eines Selfmade-Mannes mit Visionen und Leidenschaft. Der Ex-Industrielle Gérard Bru realisierte auf dem verfallenen Gut seiner Väter seinen Lebenstraum und baute es zu einem Weltklasse-Weingut auf, wobei seine Erzeugnisse dabei preislich nicht so abgehoben sind wie die anderer Produzenten in der selben Liga. Das Weingut liegt etwa 15 Kilometer nordöstlich von Montpellier.

Wir hatten von diesem Weingut den „Reboussier 2011“ (100 % Carignan) im Glas, ein seltener und schwer zu findender Wein, der mit minimalen Erträgen von über 80jährigen Reben erzeugt wird. Der 2011er ist der Debüt-Jahrgang. Wer mal einen Wein von diesem Weingut probieren möchte, dem sei an dieser Stelle der günstige, aber sehr gute Einstiegswein „Prestige“ empfohlen oder der „Tête de Bélier“, der in Relation zu der hohen Punktvergabe einschlägiger Weinkritiker zu einem moderaten Preis zu bekommen ist.

Der Reboussier kommt im dunklen Kirschrot ins Glas. An der Nase fanden wir schöne Aromen von Heidelbeere, dazu kräutrige Noten von Rosmarin und Thymian und ätherische Öle sowie einige Röstaromen. Am Gaumen zeigte der Wein einen mächtigen Körper, zunächst aber noch recht viel Säure und kräftige Tannine im Abgang. Mit der Zeit entwickelte er sich dann aber sehr gut weiter und wurde immer zugänglicher.

2. Flight: Weltklasse-Syrahs aus dem Jahrgang 2009

Die rote Rebsorte stammt aus Frankreich. Es gibt über 80 Synonyme, was einerseits das hohe Alter und andererseits auch die weite Verbreitung bezeugt. Über die Herkunft gibt es viele Hypothesen. Nach der gängigsten soll die Sorte aus der uralten Stadt Shiraz (Schiras) im heutigen Iran (Persien) stammen. Der wahrscheinliche Ursprung wurde jedoch durch im Jahre 2000 erfolgte DNA-Analysen geklärt:. Die Syrah ist eine wahrscheinlich natürliche Kreuzung der zwei alten Sorten Mondeuse Blanche (weiß) x Dureza (rot). Der Ursprung beider Elternteile liegt zwischen Rhône und Genfersee (Savoyen), was die Vermutung bezüglich Allobrogica zwar nicht bestätigt, aber erklärt. Die (französische) Syrah ist mit der (australischen) Shiraz genetisch identisch, sie haben jedoch eine eigene Geschichte.

Syrah erbringt tiefdunkle, tanninreiche Rotweine mit intensiven, vielfältigen Aromen nach schwarzem Pfeffer, Pflaumen, Schokolade und Leder, die grundsätzlich ein hohes Alterungspotential besitzen. Die Sorte zählt unbestritten zu den ganz Großen dieser Welt, den Cépages nobles. Syrah wird zwar in ganz Frankreich kultiviert, hauptsächlich aber an der Rhône sowie im Languedoc-Roussillon, wo sie fast zwei Drittel der Ertragsmenge hervorbringt.

La Pèira 2009

La Peira 2009Dieser Wein zählt unbestritten zu den Wein-Legenden Südfrankreichs und zu den besten Weinen der Region Languedoc-Roussillon. Darin sind sich nicht nur alle namhaften Weinkritiker einig, sondern auch unser Redakteur Jörg Uwer hat für diesen Wein einen Superlativ bereit. Dieser und den zweiten Wein aus diesem Flight, de Clos des Truffiers, würde er unter einer Auswahl von maximal 10 Weinen mit auf eine einsame Insel nehmen. Bei der Rebsorte haben wir bei der Auswahl etwas geschummelt. Bei dem La Pèira handelt es sich nicht um einen reinsortig ausgebauten Syrah, er enthält auch noch etwas Grenache.

Produziert wird der Wein der Domaine La Pèira en Damaisèla mit kleinsten Erträgen (maximal 10 hl/ha) im Hinterland von Montpellier, den Terrasses du Larzac. Das Terroir wird von dem englischem Musikschreiber und Weinenthusiasten Robert Douglas und seinem Weinmacher Jérémie Depierre bewirtschaftet, die beide das Ziel haben die Spitze der dortigen Weinpyramide neu zu definieren.

Ins Glas kommt der Wein in einem tiefen Dunkelrot. Das Aromenspektrum und die Komplexität sind gewaltig. Wir fanden viel Frucht und Gewürze, Aromen von Pinien und anderen Nadelhölzern, Karamell und Pflaumen. Dazu gab es einen phantastischen Abgang und am Ende das Fazit: „Es geht nicht mehr besser, nur noch anders!“.

Ein Tipp unserer Redaktion: Wer sich diesen großartigen Wein nicht leisten kann oder will, dem seien die günstigeren, aber auch großartigen Alternativen „Las Flors de la Pèira“ und „Les Obriers“ des gleichen Weinguts empfohlen.

Clos des Truffiers 2009

Clos des Truffiers 2009 chateau de la NeglyDas Weingut Château de la Negly wird von einschlägigen Kritikern regelmäßig als „das beste Weingut des Languedoc“ bezeichnet und gilt unter anderem in Sachen Arbeit in den Weinbergen, der Selektion der perfekt gereiften Trauben und bei der extrem schonenden Vinifizierung als weltweit führend. Auch die Lage mit den exzellenten Böden und dem milden Mittelmeerklima gelten als perfekt. Der aus alten Syrahreben einer Einzellage im Hinterland vinifizierte Top-Wein dieses Weingutes ist der „Clos des Truffiers“. Aus kleinsten Erträgen von etwa 12 hl/ha wird hier ein herausragender Wein für Liebhaber der extremen und komplexen Fruchtorpulenz geschaffen.

Der Wein kommt wie erwartet im tiefen Purpurrot ins Glas und bietet kräftige, komplexe und konzentrierte Aromen. Neben den Frucht- und Beerenaromen fanden wir die Aromen von ätherischen Ölen und Amarone am bemerkenswertesten. Sobald man den Wein an dem Gaumen hat, wo er herausragend dicht, fett und konzentriert ist, zeigt sich eine sehr interessante Änderung der Aromenwelt: Fruchtnoten wie Pflaume oder florale Noten treten in den Vordergrund. Wenn man sich endlich dazu durchgerungen hat, diesen Wein vom Gaumen zu lassen, wird man noch mit einem „unendlich“ langen Abgang und einem schönen Nachklang der Aromen belohnt.

3. Flight: Große Mourvèdres aus 2010 & 2011

Die rote Rebsorte stammt aus Spanien. Die rund 100 Synonyme, wovon „Monastrell“ sicher die bekannteste und meistverbreitete ist, bezeugen das hohe Alter und die weite Verbreitung. Der Name Monastrell leitet sich wahrscheinlich von „monasterio“ (Kloster) ab. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Sorte zuerst von Mönchen kultiviert und verbreitet wurde. Der genaue Ursprung ist wahrscheinlich der Bereich um die Stadt Sagunto in der Provinz Valencia. Sagunto war ein bedeutender Weinhafen nördlich von Valencia und hieß bis zum Jahre 1877 auf katalanisch Murviedro, wovon sich wahrscheinlich der französische Hauptname Mourvèdre ableitet.

Die sehr spät reifende, ertragsarme Rebsorte erbringt alkoholstarke, dunkelfarbige und tanninreiche Rotweine mit dominierenden Aromen nach Brombeeren hervor. Die Sorte ist nicht unproblematisch, denn sie mag „das Gesicht in der Sonne und die Füße im Wasser“. Sie braucht also viel Sonnenschein, aber auch eine gute Wasserversorgung. Auf jeden Fall ist sie ausgezeichnet für die mediterranen klimatischen Verhältnisse mit langen, heißen Sommern und milden Wintern geeignet bzw. angewiesen.

Château de la Negly L’Ancely 2011

Château de la Negly L’Ancely 2011Aus dem selben Weingut sie der Clos des Truffiers 2009 des zweiten Flights stammt dieser Wein, für den einige Superlativen wie „Die Essenz des Mourvèdre … ein singuläres Weinmonument … Wein mit Suchtpotenzial“ existieren. Der Wein besteht zu nahe 100% aus Mourvèdre, mit kleinen „Spritzern“ Grenache und Syrah erzeugt und wird nur in den größten Jahrgängen des Weingutes produziert.

Und tatsächlich: Der Wein kommt im dichten Purpurrot ins Glas und bietet an der Nase kraftvollste Fruchtaromen von Pflaume und Beeren. Dazu gibt es noch Noten von knusprigen Fleisch und Gewürzen. Am Gaumen gibt es maximale Kraft, Dichte, Konzentration und Komplexität, die auch im Abgang lange bleibt. Ein toller Wein für Liebhaber von intensiven, körperreichen Rotweinen.

Domaine La Pèira En Damaisèla Matissat 2010

Domaine La Pèira En Damaisèla Matissat 2010Der zweite Wein den von der Domaine La Pèira en Damaisèla, mit dem wir das außerordentliche Vergnügen hatten, war der Matissat 2010. Auch er wird für moderne Maßstäbe in fast homöopathischen Mengen hergestellt und ist daher sehr selten und begehrt. Auch hier wurde der Wein mit größmöglicher handwerklicher Sorgfalt vinifiziert. Dieser Wein gilt als einer der besten reinsortig ausgebauten Mourvèdres überhaupt und dazu als extrem authentisch und charakterstark.
Im „Classement 2014 des meilleurs vins de France“ (Lafront Presse) bekam diesen Wein als einer von nur 9 Weinen sogar glatte 100 Punkte – bei unglaublicher großer Konkurrenz.  Somit gehört dieser Wein auch unangefochten zu den besten Weinen der Region!

Auch dieser Wein kam enorm dicht und dunkel ins Glas. An der Nase fanden wir, neben den konzentrierten Frucht- und Beerenaromen, Kräuter und Aromen von abgehangenem Fleisch. Am Gaumen findet dann eine wahre Geschmacksexplosion von konzentrierter Frucht statt. Dazu gibt es einen schier endlosen Abgang.

Sowohl der L’Ancely als auch der Matissat verdeutlichen, welch großartigen Weine aus Mourvèdre erzeugt werden können: fantastisch und überaus empfehlenswert!

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