Redaktionstasting
Nachdem wir uns bei der ersten Redaktionssitzung in Frankfurt mit ausgezeichneten Weinen der Rebsorten Cabernet Sauvignon, Garnacha und Syrah beschäftigt hatten, erkundeten wir diesmal in München die Welt der Rebsorten Cabernet Franc, Merlot, Malbec und Monastrell/ Mourvèdre. Zugegeben ein ambitioniertes Programm, da unsere Weißwein-Expertin Anne Gerhards uns als Intro auch noch einen schönen Weißen aus deutschen Landen mitgebracht hatte. Doch mit bester kulinarischer Begleitung und befeuert von dem Genuss einiger herausragender Weine hatten wir wieder einen wunderbaren Abend.
Intro: Bacharacher Wolfshöhle Riesling Großes Gewächs 2009
Das Weingut Ratzenberger ist ein echtes Traditionsgut, welches inzwischen in der dritten Generation Spitzenweine produziert. Es liegt im Herzen des Mittelrheins und hat sich nahezu vollständig dem Riesling verschrieben.
Der Bacharacher Riesling ist ein Großes Gewächs, welches für die höchste Klassifikationsstufe für trockene Weine steht – entsprechend hoch waren unsere Erwartungen. Nach einer kleinen Herausforderung beim Öffnen zeigte uns der siebenjährige Wein seine wunderschöne goldgelbe Farbe. Trotz seines Alters zeigte er sich erstaunlich frisch und wies eine angenehme Säure auf, hatte gleichzeitig aber viel „Power“ mit schönem Schmelz und Cremigkeit. Die für die Bacharacher Wolfshöhle typischen Fruchtaromen von Pfirsich und Aprikose waren deutlich zu riechen und zu schmecken. Unsere Erwartungen wurden folglich nicht enttäuscht. Damit lieferte dieser runde Weißwein einen gelungenen Start in unsere Redaktionssitzung.
1. Flight: Cabernet Franc
Cabernet Franc steht für eine klassische, alte Rebsorte aus dem Bordeaux, auch wenn neuere Fakten mittlerweile auf eine ursprüngliche Herkunft aus dem spanischen Baskenland hinweisen. Die Rebe gilt auch als Leitsorte, von der viele andere Rebsorten abstammen. Reinsortig ausgebaut ergibt sie reichhaltige und intensive Weine ähnlich dem von ihr abstammenden Cabernet Sauvignon, sind aber leichter pigmentiert. An der Nase bestechen die Weine durch Noten von Himbeeren, Schwarzen Johannisbeeren, Veilchen und Graphit. Durch einen geringeren Tanningehalt erscheinen die Wein im Mund weicher als Cabernet Sauvignon. Allerdings wird der Cabernet Franc selten reinsortig ausgebaut, sondern wird überwiegend als Partner im „Bordeaux-Blend“ eingesetzt. Bei den großen Weinen des Medoc, insbesondere den Premier Crus wie Château Lafite-Rothschild oder Château Mouton-Rothschild, und des Pomerol-Gebiets werden maximal 10% von dieser Rebsorte eingesetzt. In St. Emilion gibt es mit dem Château Cheval-Blanc hingegen einen der weltweit gesuchtesten Weine, in der Cabernet Franc dominierend ist.
Gillmore Cabernet Franc 2011
Das Weingut Gilmore liegt im Loncomilla Valley in Chile und ist ein traditionsreiches Familiengut. Dieser reinsortige Cabernet Franc stammt von 50 Jahre alten Reben und wächst auf von Granit-Sediment geprägtem Terroir. Die Fermentation erfolgt nach dem Remontage-Verfahren, wodurch der Most lange Kontaktzeiten mit den festen verbliebenen Bestandteilen der Traube erhält.
Ins Glas kommt der Wein tiefrot, was bei einem Cabernet Franc ein Beweis von großer Klasse gilt, da er in der Regel leichter pigmentiert ist als Cabernet Sauvignon-Weine. An der Nase überwiegen Waldbeeren und Himbeeren. Am Gaumen ist der Wein einen Tick spritziger als der Poggio de‘ Colli und kommt saftig und balanciert. Dieser Wein belegte in der „Beliebtheitsskala“ unseres Tastings auf den Platz 2 von 8.
2006 Piaggia / Vannucci – Poggio de Colli
Das Weingut Piaggia liegt etwa 15 km westlich von Florenz in Italien und wird von Mauro Vanucci geführt, der die Weinberge dort seit den 1970er Jahren bewirtschaftet. Er übernahm das Terroir mit der Überzeugung, dass dank der hervorragenden Ausrichtung (Südlage) und der Bodenbeschaffenheit (Lehmböden) diese Weinberge beste Voraussetzungen bieten um große Weine zu erzeugen. Damals galten Carmignano-Weine noch als einfach und herb. Dieser Wein ist ebenfalls ein reinsortiger Cabernet Franc.
Der Wein kommt im dunklen Rot ins Glas. An der Nase findet man Himbeeren, Brombeeren, Waldfrüchte und Vanille, am Gaumen kommen Gewürze, Pfeffer und leichte Muskatnoten dazu. Ein wunderbar komplexer Wein. Dieser Wein kam gemeinsam mit dem 2006 Pie Franco in unserem Tasting auf den Platz 4 von 8.
2. Flight: Merlot
Die Rebsorte Merlot – darin ist sich die Fachwelt einig – stammt aber tatsächlich aus Frankreich. Mittels DNA-Analysen wurden als Elternteile die Rebsorten Cabernet Franc und Magdeleine Noire de Charentes (mittlerweile fast ausgestorben) identifiziert. Merlot ist auf Grund des Potenzials und der Resistenz gegen echten Mehltau eine beliebte Rebsorte und wurde angeblich (damals noch unter dem Namen Crabutet Noir) schon im 14. Jahrhundert erstmalig erwähnt. In Frankreich ist sie die häufigste Rebsorte und in den Regionen Bordeaux und Languedoc-Roussillion weit verbreitet. Am sortenreinsten wird sie im Pomerol ausgebaut, u.a. in den beiden berühmten Weingütern Pétrus und Chateau Le Pin.
Der Charakter der Merlot-Weine ist körperreich, vollmundig und fruchtig. Die im Idealfall eleganten Weine besitzen meist weiche Tannine, erinnern an Heidelbeeren, Pflaumen und Brombeeren und erhalten im Laufe ihrer Reife auch schöne Kräuternoten.
Kirnbauer Merlot 2011
Geografie und ein besonderes Klima machen das Mittelburgenland zu einer der herausragenden Rotweinregionen Österreichs. Das sogenannte pannonische Klima ist ein kontinentales Klima mit gleichzeitiger Nähe zweier Seeklimate (Mittelmeer und Schwarzmeer)
Walter Kirnbauer war ein Vorreiter unter den österreichischen Winzern, als einer der ersten Winzer produzierte er bereits 1987 mit dem Wein „Das Phantom“ eine Cuvée. Mehrere Weine dieses Weingutes genießen hohes internationales Ansehen.
Der Merlot Reserve 2011 kommt dunkelrot ins Glas und bietet an der Nase ansprechenden Aromen von Kirsche, Kaffee und Kakao. Am Gaumen ist er sehr dicht, komplex und kraftvoll. Dazu gibt es einen leckeren, von Schokolade geprägten Abgang. Dieser Wein kam in unserem Tasting auf den Platz 7 von 8, was allerdings nicht gegen den Wein spricht, sondern für das hohe Niveau der verkosteten Weine und deren Qualitätsdichte.
Emmolo Merlot 2011
Unser Redakteur Jörg Uwer besitzt mit Abstand den größten Weinkeller von allen hier aktiven Redakteuren. Böse Zungen behaupten sogar, er könnte ihn zu Lebzeiten nicht mehr austrinken. Bei den Redaktionstastings profitieren von den reichen Schätzen seiner drei Keller und bekommen von ihm immer tolle Rotweine zusammengestellt. Die Liste der Weine bekamen wir bei diesem Tasting vorab zugeschickt und so konnte man sich – z.B. an Hand der Punkte einschlägiger Weinkritiker – schonmal ausrechnen was die absoluten Highlights des Abends sein könnten. Aber es kam anders und hier ist die Überraschung: der Emmolo Merlot 2011 war der klare Gewinner des Abend – what a wine!
Aber der Reihe nach: Die Emmolo Winery im Napa Valley in den USA ist in Europa wohl eher nur einem kleineren Kreis von Weinliebhabern bekannt. Auf der Webseite des Weingutes ist auch nicht viel über zu erfahren, die ist nämlich noch „under construction“. Immerhin konnten wir herausfinden, dass das Weingut von Jenny Wagner geleitet wird, die dieses von ihrer Mutter Cheryl Emmolo übernommen hatte. Letztere hatte das Weingut wieder reaktiviert, nachdem es nach der Gründung in den 1920ern zwischendurch stillgelegt wurde. Jenny Wagner sieht dabei übrigens aus, als wäre sie frisch mit der High School fertig ;-).
Der Wein kommt dunkelrot bis violett ins Glas und ist ein echter „Vollgas-Wein“. Er ist perfekt ausbalanciert, komplex und hat einen vollen Körper. An Aromen stechen Heu, Kirsche und Kaffeenoten hervor. Der Wein hat einen wunderbaren, langen Abgang, bei dem die Aromen von Kaffee auf dunkle Schokolade wechseln. Leider scheint es unseren Recherchen nach nicht möglich, diesen Wein in Europa zu bekommen. In den USA werden um die $60 für eine Flasche aufgerufen. Dieser Wein kam in unserem Tasting auf den Platz 1 von 8.
3. Flight: Malbec
Ebenfalls auf Frankreich stammt die Rebsorte Malbec, auch sie weist ein für eine Rebsorte hohes Alter auf und ist weit verbreitet. Benannt wurde die der Rebsorte nach einem Herrn Malbeck, der im 18. Jahrhundert für die weitflächige Verbreitung sorgte. Weitere Synonyme sind Côt oder Pressac.
Malbec bring dunkle, fruchtwürzige Rotweine mit vielfältigen Aromen nach Pflaumen, Blaubeeren, Gewürzen, Schokolade und Tabak hervor und zählt zum erweiterten Kreis der besten Rebsorten der Welt. Am weitesten verbreitet ist sie in Frankreich und Argentinien.
Le Cèdre 2005
Das Weingut Château du Cèdre liegt in Frankreich Gebiet Cahors in der Region Sud-Quest. Diese ist eigentlich gar keine offizielle Appellation, sondern mehr ein Sammelbecken für um die 30 Gebiete, die alle mehr oder weniger weit entfernt vom Bordeaux liegen. In Cahors wird viel Malbec angebaut, da auf dieser Hochebene diese Rebsorte hervorragend gedeiht. Der Winzer Pascal Verhaeghe setzt hierbei mit dem Wein Le Cèdre Maßstäbe beim Ausbau vom Malbec-Weinen und wird dabei von der Fachpresse in höchsten Tönen gelobt. Manche bezeichnen ihn sogar als den besten aus der Malbec-Traube vinifizierten Weine Frankreichs. Dieser Wein braucht wie die großen Premier Crus des Bordelais auch Zeit, Geduld und einen guten Keller, aber zum Glück lange nicht so einen prallen Geldbeutel.
Ins Glas kommt der Wein mit einer dunkelroten, undurchdinglichen Farbe. An der Nase fanden wir Kräuter der Provence, vor allem Thymian, Kirsche und Beeren.
Am Gaumen ist der Wein dicht, angenehm ausgeglichen und bietet eine konzentrierte Frucht. Hier fanden wir auch noch Anklänge von Walnuss. Dieser Wein kam in unserem Tasting auf den Platz 6 von 8.
Trapiche Vina Adriana Venturin 2006
Die Bodegas Trapiche hat ihren Sitz in der Provinz Maipú, in der Region Mendoza in Argentinien. Sie wurde vom Weinbau-Pionier Tiburcio Benegas gegründet und 1973 vom argentinischen Weinmulti Peñaflor übernommen. Hier arbeitet ein ganzes Team von Experten mit modernsten Methoden an Wein und Reben, die jährliche Produktion liegt bei rund 20 Millionen Flaschen Wein in allen Preislagen. Der Wein Vina Adriana Venturin befindet sich preislich hier in der oberen Mittelklasse.
Also auf die Flasche und – oh nein – sie war verkorkt. Somit wurden unsere Geschmack- und Geruchsrezeptoren von dem gefürchteten 2,4,6-Trichloranisol (TCA) geblendet. Man soll übrigens das TCA aus Weinen zumindest teilweise entfernen können, wenn man eine lose zusammengeknüllte Frischhaltefolie ins Glas gibt. Haben wir nicht gemacht, da kaputte Korken nicht nur TCA hervorbringen, sondern auch dem Wein die Frucht rauben („Fruit Scalping“). Sehr schade und somit natürlich auch keine Platzierung für den Trapiche Vina Adriana Venturin Malbec 2006
4. Flight: Monastrell / Mourvèdre
Nach dem drei roten Rebsorten französischen Ursprungs kam beim nächsten Flight eine alte Rebsorte aus Spanien ins Glas. Diese Sorte wurde bereits 1381 erwähnt und leitet sich wahrscheinlich von „Monasterio“ (Kloster) ab, was dafür spricht, dass diese Rebsorte zuerst von Mönchen wahrscheinlich in der Provinz Valencia kultiviert wurde. Aus dieser Provinz stammt wohl auch das Synonym Mourvèdre, nach dem katalanischen Namen „Murviedro“ für den dortigen Weinhafen Sagunto.
Diese Rebsorte ist nicht ganz unproblematisch, da sie viel Sonnenschein und eine gute Wasserversorgung benötigt. Sie reift sehr spät, ist ertragsarm und bringt alkoholstarke, dunkelfarbige und tanninreiche Rotweine mit Aromen von Brombeeren hervor.
Gaussen Bandol Longue Garde 2007
Das Château Jean Pierre Gaussen liegt im französischen Weinbaugebiet Bandol an der provenzalischen Küste. Die große Liebe von Jean-Piere Gassen gilt der Mourvèdre-Rebe. Da es aber für den Bandol vorgeschieben ist, mindesten zwei Rebsorten für einen Wein zu verwenden, gibt er als Zusammensetzung für diesen Wein 99,9 % Mourvèdre an.
Das „Longue Garde“ in dem Namen dieses Weins steht für einen großen Jahrgang, die ein Lagerpotenzial von 20+ Jahren haben. Weine aus normalen Jahrgängen werden dagegen als „Tradition“ deklariert.
Der Wein kommt extrem dunkel, fast schon schwarz ins Glas. An der Nase fanden wir Kaffee und Schokoladennoten, dazu gesellten sich dann im weiteren Genuss Aromen von Beeren, Chili-Noten und Pfeffer. Am Gaumen ist der Wein sehr kraftvoll und saftig. Dieser Wein kam in unserem Tasting auf den Platz 3 von 8.
Pie Franco 2006
Der auf dem Papier höchstbewertete Wein des Abends war der Pie France 2006 des Weingutes Propiedad Viticola Casa Castillo aus dem spanischen Weinbaugebiet Jumilla. Dieses weniger bekannte Weinbaugebiet liegt im Südosten Spaniens am Mittelmeer. International hat es sich noch nicht überall herumgesprochen, dass in diesem Gebiet in den letzten Jahren auch qualitativ hochwertige Weine mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis entstanden sind.
Das Casa Castillo ist ein Familienbetrieb und ist sowas wie das Vorzeige-Weingut der Region, was vor allem an den hohen Bewertungen für die Weine in der nationalen und internationalen Fachpresse liegt.
Der Pie Franco wird aus wurzelechten, uralten Buschreben der Spitzenlage des Weingutes vinfiziert und hat für den Jahrgang 2006 satte 97 Parker-Punkte eingesammelt.
Ins Glas kommt der Wein in tiefem Purpur. An der Nase fanden sich bei diesem Wein grüne Paprika, Leder und frischer Tabak. Der Wein kleidete den Mundraum angenehm mit Aromen von Schokolade aus. Im Abgang zeigte sich noch etwas Adstringenz, die aber wiederum auf das große Lagerungspotenzial hinweist.
Dieser Wein kam in unserem Tasting gemeinsam mit dem 2006 Piaggia – Vannucci Poggio de Colli auf den Platz 4 von 8.
Insgesamt war dies eine überaus gelungene Redaktionssitzung mit einem eindrucksvollen Rebsorten-Tasting, unterstrichen durch eine feine Küche. Gerade solche Abende zeigen uns selbst, wie viel Spaß uns der Wein-Blog macht!
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