Santa Rosa Reserva 2001
Weingut: Enrique Mendoza
Rebsorten: Garnacha, Cabernet Sauvignon, Cariñena, Syrah
Region: Alicante
Land: Spanien
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der „Retro-Schlager-Hype“ rund um die Dieter Thomas Kuhns, Guildo Horns und auch etlichen, bedauerlicherweise aus ihrer verdienten Versenkung hervorgezerrten Original-Interpreten in der letzten Zeit doch deutlich abgeebbt ist, was den Blick und vor allem die Ohren ja wieder etwas objektiver darauf lenken kann, wie schrecklich ein Großteil dieser akustischen Frontalangriffe auf Kultur und Verstand aus den späten sechziger und den siebziger Jahren, die zumeist von verdächtig evolutionshemmend anmutenden Lebensformen mit grenzdebiler Gestik und Mimik in unfreiwillig skurrilen Musiksendungen des seinerzeit „alternativlosen“ öffentlich-rechtlichen Fernsehens („Hier ist Berlin…“) zum Vortrag gebracht wurden, doch tatsächlich war. Ein besonders prägnantes Exemplar bildete die deutsche Version von „La Felicidad“, die mit folgendem Text-Juwel aufwartete:
„Kurz vor Alicante hatte Rita eine Tante, und die wird schon bald, neunzig Jahre alt. Sie hat ein Vermögen, Rita fuhr deswegen, heute früh nach Spanien. Denn sie träumt vom Glück. …
Dank der guten Tante, am Meer bei Alicante, wurde Rita reich. Und es kam sogleich, auch ein Caballero, abends beim Bolero. Heute sitzt Alfredo längst im warmen Nest.“
Prima, oder? Das könnte ich selbst mit 13,5 Atü intus nicht behämmerter dahinstammeln…!
Ist ja vielleicht eine nette Anekdote, aber „Was hat das alles mit dem Wein-Blog zu tun?“, dürfte die völlig berechtigte Frage unserer geschätzten Leserschaft an dieser Stelle lauten. Nun, an diese Gehörgangknute muss ich zu meinem eigenen Leidwesen immer denken, wenn ich einen meiner spanischen Lieblinge aus dem Keller hole: Die „Rita“ heißt hier zwar „Rosa“, kommt aber tatsächlich aus Alicante und war wenn auch nicht die Tante, so doch die Mutter des Weingut-Gründers Enrique Mendoza. Und jener Enrique (dem mit Sprösslingen des spanischen Unterhaltungsmusik-Terror-Clans Iglesias nur der Vorname gemein ist…) hat sich um die Renaissance der Weinbauregion Alicante sehr verdient gemacht. Er baute seine Bodega zu Zeiten des Diktators Franco sukzessive auf, wobei er persönlich viel riskierte, denn der Anbau französischer Rebsorten war damals noch strikt verboten. Señor Mendoza schmuggelte daher Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot aus Frankreich nach Spanien und baute die Reben heimlich an. Davon profitiert das Weingut unter der Leitung von Enriques Sohn Pepe heute stark, denn gerade diese Rebanlagen bringen nun auch nach internationalen Maßstäben hochklassige Weine hervor. Die Liebe zu den französischen Rebsorten geht hier soweit, dass in der eigentlich zu heiß anmutenden Gegend sogar Chardonnay und Pinot Noir angebaut und erfolgreich vinifiziert werden.
Die „Santa Rosa Reserva“ aus dem bekanntlich großen spanischen Weinjahrgang 2001 offenbart sich stets als ein zuverlässiger Ausgleich und profunder Tröster für die selbst zugefügte Seelenqual. Die Cuvée aus Garnacha, Cabernet Sauvignon, Cariñena, Syrah und Merlot wurde 17 Monate in französischer Eiche ausgebaut und weist mit besagten 13,5% einen für die Region und die klimatischen Bedingungen fast schon moderaten Alkoholgehalt auf. Auch nach fast 15 Jahren zeigt der Wein eine dichte granat-purpurne Farbe. In der Nase verführt ein auf die Vielfalt der Rebsorten zurückzuführendes komplexes Bouquet aus dunklen Beeren, Kirschen, Kräutern und Gewürzen, Leder und vielem mehr. Diese Eindrücke setzen sich am Gaumen fort, wobei die Aromen dunkler Früchte, insbesondere Schwarzkirsche, Johannisbeeren und auch Schlehen dominieren. Der Abgang ist lang und beeindruckend, wie auch der gesamte Wein. Er ist vermutlich nichts für die seichte Schlagerparty oder die „Fiesta Mexicana“, macht aber dafür mächtig viel „Hossa!“
Geschmack: 4,5 von 5 Punkten, Preis/Leistung: 4 von 5 Punkten
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